Ich zappte vor einigen Jahren mal am Abend durchs Fernsehen und blieb bei einer Talkrunde auf einem der öffentlich- rechtlichen Sender stehen. Da war ein Wolfgang Gründinger, der sehr energisch und eloquent die Standpunkte einer jungen Generation vertreten hat, die in einigen Jahren vermutlich stark von Altersarmut betroffen sein wird. Er wusste, wie die „jungen“ heute ticken und was sie sich vom Leben, trotz vieler Krisen, erhoffen.
Hier im Blog gibt er nun einige Antworten an die Hand, die das Studieren und die Perspektiven danach beleuchten.
Hier im Blog gibt er nun einige Antworten an die Hand, die das Studieren und die Perspektiven danach beleuchten.
Was würdest du all denjenigen raten, welche überlegen ein Studium zu beginnen?
Tu es. Und zwar nach Gefühl– also studiere das, was dich interessiert und nicht unbedingt nur das, was der Arbeitsmarkt derzeit hergibt. Denn der Arbeitsmarkt ist ständig im Umbruch begriffen und von Zyklen geprägt. Dazu kommt, dass eine akademische Ausbildung nach wie vor die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit bleibt. Man sollte sich aber nicht im Elfenbeinturm des Hochschulbetriebs einschließen, sondern auch mal während des Studiums über den Tellerrand blicken und sich in Wirtschaft und Gesellschaft umschauen.
Zumindest bietet ein gut situiertes Elternhaus die finanzielle Basis eines Studiums und bahnt Wege zu begehrten Praktika. Kinder aus der Mittelschicht haben daher enorme Vorteile. Andere müssen nebenher oder in den Semesterferien niedrigqualifizierte Jobs machen, um ihre Miete zu bezahlen. Wer aus reicheren Elternhäusern kommt, der jobbt vielleicht auch, dann aber meistens für den Selbstfindungstrip in Südostasien. Daher gibt es zurecht Initiativen wie Arbeiterkind.de, die sich den finanziellen und mentalen Hürden annehmen, denen Arbeiterkinder gegenüberstehen.
So gut wie sicher sind derzeit Studiengänge wie IT, Elektrotechnik oder Maschinenbau, also technische Studiengänge– und alles, was mit der Energiewende oder Digitalisierung zu tun hat. Bei allen anderen ist der Weg in den sicheren und anständig entlohnten Job weit langwieriger.
Wer feststellt, dass er, oder sie woanders besser aufgehoben ist, der kann das Studium gerne aufgeben. Einige meiner Freunde haben während ihres Studiums ein Unternehmen gegründet und ihr Studium erst einmal unterbrochen. Allerdings sollte man die Zeit an der Universität nicht nur als Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt begreifen, sondern auch deren Wert begreifen, den es für die Bildung der ganzen Persönlichkeit haben kann– und nicht nur auf die ökonomische Funktion reduziert.
Netzwerke ergeben sich von selbst, indem man gemeinsam Bier trinkt. Oder Kaffee. Von „Netzwerken“ als Selbstzweck halte ich nicht viel. Das ist mir zu karrierefixiert gedacht und erfüllt mich nicht mit Leben.
Die junge Generation ist enorm leistungsbereit– und beutet sich selbst aus. Laut Shell-Jugendstudie ist die Mehrheit der Jüngeren überzeugt, durch „tatkräftiges Anpacken“ und mit „viel Ehrgeiz und Zähigkeit die Dinge in den Griff bekommen“ zu können. Im Vertrauen auf die eigene Leistungskraft vertrauen die Jugendlichen darauf, trotz aller gesellschaftlichen Probleme ihr persönliches Leben voranzubringen und sich auf dem Arbeitsmarkt behaupten zu können. Die Mehrheit der Studierenden orientiert sich an diesem Leitbild der Konkurrenz- und Leistungsgesellschaft. Aber all dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es viele Hürden gibt, an denen jeden Tag zu viele junge Menschen scheitern. Das Magazin Neon spricht von der „Generation Selbstausbeutung“, die stolz ist „auf ihren Arbeitsethos, ihren Durchhaltewillen und ihre Effizienz. Nur so kann man in der globalisierten Wirtschaft des 21. Jahrhunderts überleben […]. So ertragen die Selbstausbeuter die Angst, die Einsamkeit und die Müdigkeit, schreiben keine Protestplakate und Beschwerdebriefe“. Das Studierendenmagazin Zeit Campus registriert eine um sich greifende „Vernunftdiktatur“, die zu einem „Lebenslauf-Wettrüsten“ zwinge. Für den Durchschnitts-Studenten scheint heute gar kein Platz mehr zu sein.
Man sollte eine Weltreise machen.
Junge Menschen rennen nicht mehr der sinnbefreiten Kapitalakkumulation hinterher. Sie wollen keine Jobs, die einfach nur Geld produzieren, sie wollen Jobs, die Sinn machen. Flexible Arbeitszeitarrangements– für Familie, Weiterbildung oder einfach nur als Auszeit– und sichere Perspektiven sind wichtiger als das Gehalt.
All denjenigen, die ihr begonnenes Studium ab der kommenden Woche fortführen und jenen, die frisch ins Studium reinkommen, wünsche ich ein erfolgreiches neues Semester. Lasst euch durch Aussagen von Wolfgang für euer Studium ermutigen. Lernt neue Leute kennen, erweitert euren Horizont in viele Richtungen und habt Spaß an dem Privileg junge Akademiker zu sein.
Herzlichst
Euer Adam Worozanski
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